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Kanaren mit dem E-Auto – Fuerteventura

4. Mai 2022

Im Lanzarotebeitrag habe ich es schon erwähnt – vulkanischer Ursprung wie die gesamte Inselgruppe und geologisch eng verwandt mit der Nachbarinsel: Furteventura. Man hat es oft nicht so auf dem Schirm aber sie ist die zweitgrößte Insel des Archipels. Zumindest in Sachen Fläche – Einwohner hat Gran Canaria schließlich gut sieben mal so viel. Vulkanisch ist „nix“ mehr los auf der Insel, durch starke Erosion fehlen auch die regelrecht frisch erscheinenden Vulkanfelder mit scharfkantigen Steinen wie auf Lanzarote. Freund*innen von Beigetönen kommen auf ihre Kosten und berühmt ist die Insel vor allem für die kilometerlangen Sandstränd. Auch wenn sie teilweise gar nicht aus Sand, sondern aus erodierten Muschelkalk bestehen.

Luftaufnahme Strand Morro Jable
Strand ohne Ende – hier im Süden bei Morro Jable mit dem Leuchtturm als Wahrzeichen. Auch wenn er der hösslichste der Insel ist 😉

Die nur gut zehn Kilometer breite Meerenge La Bocayna ist mit der Fähre in 35 Minuten überbrückt. Es geht von Playa Blanca nach Corralejo – vorbei an der unbewohnten Insel Los Lobos, die noch auf dem Plan steht. Auto aufladen stand dagegen ausnahmsweise nicht auf dem Plan, ich hab mich direkt auf zum Leuchtturm bei El Cotillo im Nordwesten gemacht. Auch wenn ich schon das eine und andere Mal dort war – das Bild oder noch besser die Zeitraffer mit Vollmond hinter den Leuchttürmen hat noch nie so richtig geklappt.

Leuchttürme

Leuchttürme von El Cotillo – es sind gleich drei Generationen direkt nebeneinander.
Das ehemalige Leuchtturmwärter-Gebäude beheimatet ein Museum – definitiv ein Besuch wert.

Naja – dieses mal nicht anders, die Sammlung von Zeitraffern mit dem in den Wolken verschwindenden Vollmond ist noch größer geworden 😉 Stimmungsvolle Bilder mit der roten Sonnenscheibe am Vorabend und dem Vollmond am nächsten Morgen gab’s aber immerhin.

Überhaupt – Leuchttürme. Da gibt’s noch ein paar auf der Insel – natürlich der unübersehbare im Touristenzentrum Morro Jable. Der mit Abstand hässlichste wie ich übrigens finde. Neben dem höchsten gibt’s auf der kargen Jandía-Halbinsel den kleinsten (der Welt?) und noch einen weiteren „ganz normalen“. Dann den mit dem schönsten Gebäude an der Ostküste nahe dem Sportresort Las Playitas mit Golfplatz: Faro de la Entallada:

Windmühlen

Eine Geschichte für sich – Furteventura und seine Windmühlen. Die gibt’s in „männlich“ und „weiblich“, es gibt sie in modern zur grünen Stromerzeugung, in wilder bastelweise und dann noch die „Chicagos“ zur Wasserförderung. Und natürlich immer nette Fotomotive 🙂

Die Nutzung von Windenergie ist beileibe keine neue Erfindung – vor 4.000 Jahren wurde wohl schon in China, Persien und Ägypten erkannt, dass man sich den Wind zunutze machen kann. Auf 1330 datiert man die erste Erwähnung in Spanien, im 15. Jahrhundert waren sie einigermaßen etabliert und noch ein Jahrhundert später wohl bereits weit verbreitet – der gute Don Quixote kämpfte dann ja tapfer gegen sie.

Trotz der perfekten Bedingungen mit dem beständigen Passatwind dauerte es nochmal ein Jahrhundert bis sie auf Fuerteventura ankamen und beganne Ochsen- und Handmühlen abzulösen. Die von Tiscamanita – wo ein Museum untergebracht ist – dürfte die älteste sein, die weiteren erhaltenen Mühlen stammen aus dem 19. und 20. Jahrhundert und die letzten waren noch in den 1970er Jahren in Betrieb. Auch werden nach alten Vorbildern neue nachgebaut – man besinnt sich auf sein Erbe. DIe Inselregierung hat die meisten alten Mühlen aufgekauft und erhält sie für die Nachwelt – nahahmenswert.

Männlein und Weiblein

Wie ist das nun aber mit den Geschlechtern bei den Mühlen? Fuerteneulinge werden sich wundern, dass manchmal von Molina und Molino die Rede ist. Die klassische Mühle ist die männliche Molino und nicht etwa wegen irgendwelcher äußerlichen Ähnlichkeiten 😉 Es liegt an der Bauweise mit der klassischen Turmhaube, die in den Wind gedreht werden konnte und dem damit verbundenen mehrstöckigen Aufbau. Direkt im Turm befindet sich das Getriebe und der Einfülltrichter so dass das Mahlgut beschwerlich ganz nach oben getragen werden musste – Männersache. Cleverer bei der weiblichen Molina wo alle Arbeiten ebenerdig stattfanden und auch Frauen beschäftigt waren.

  • Nachbau einer klassischen Molino

Für Nachtfotografie eignen sich die wenigsten da zu viel Beleuchtung außenrum ist und auch die schön freistehende in Tefia ist völlig unsinnung senkrecht von unten beleuchtet. Vielleicht 90 % des Lichts „verschmutzt“ die Umgebung, ein Bruchteil macht das was es soll – die Mühle für nachts kaum Vorbeifahrende in Szene zu setzen. Nun ja – ich hatte eine Mitstreiterin gefunden und da haben wir die Leuchten kurzerhand abgedeckt und es wurde doch ganz hübsch:

Die Molino von Tefia mit Orion

Hier noch drei weitere „Arten“ von Windmühlen:

Chicagos auf Fuerteventura

Nach der Geschlechterfrage bleibt noch zu klären, was es denn mit Chicago auf Fuerteventura auf sich hat? Schon wieder so eine Geschichte für sich 😉
Jedenfalls stehen (noch) ganz schön viele Windräder mit Stahlgerüst, einfachen Blechschaufeln als Rotoren und einer einfachen Windfahle zur Ausrichtung in den Wind auf der Insel rum – siehe Bild oben links. Schaut man näher hin, sieht man oft noch ein Gestänge zur Kraftübertragung nach unten und den Aufdruck „Aeromotor Windmill Company“ auf der Windfahne. Zwei große Dürren auf Fuerteventuara Anfang des 20. Jahrhunderts mit mehreren hundert Toten führten dazu, dass eben genau diese Windräder zum pumpen des vorhandenen Grundwassers importiert wurden – aus Chicago. Das stark mineralische Grundwasser war/ist zwar als Tinkwasser nicht geeignet, für die meisten landwirtschaftlichen Produkte aber allemal gut.

Pumpen mit Dieselmotor fand man ab den 1940er Jahren dann natürlich viel besser, die Chicagos gerieten in Vergessenheit. So langsam kommt man wieder auf den Trichter, dass diese einfachen und robusten Teile mit kostenloser Energieversorgung gar nicht so doof waren. Die Firma in den USA gibt es nach wie vor, Anlagen in allen DImensionen, jedes Einzelteil ist als Ersatzteil lieferbar. Klasse Sache.

Strände

Neben Wind wohl das was Fuerteventura für Touristen ausmacht: Ein Traumstrand reiht sich kilometerlang an den nächsten – auch in der Hochsaison findet man ein Plätzchen für sich alleine wenn man möchte. Dank der beständigen Winde finden (Kite)Surfer ideale Bedingungen.

Strand bei El Cotillo im Nordwesten
endlose Dünenlandschaft im Nordosten bei Corralejio
Surfers Paradise – Playa de Sotavento. Und ja, die Farben sind da so 🙂

Tierwelt

Klar, Ziegen. Ohne Ende. Überall. Aber für mich erstaunlich hat Fuerteventura auch einiges an Vogelwelt zu bieten wenn man zur richtigen Zeit dort ist und weiß wohin. Ich hab da eher ein paar zufällige Schnappschüsse zu bieten.

Vermischtes

Ach es gäbe noch viel zu erzählen- aber wer soll das alles lesen? 😉
Natürlich die sagenumwobene Villa Winter (googlet einfach mal), die tollen Wandgemälde in vielen Städten, wie das mit der Fischerei, dem Salz und der Konservierung war und ist, wie Drachenbäume wegen des enthaltenen Farbstoffes auf Fuerteventura verschwanden und dafür eine Schildlauf herhalten musste, wie ein Schweizer den (Surf)Tourismus auf die Insel brachte und über die Wasserversorgung gäbe es auch einiges interessantes zu berichten. Ich belasse es in dem Kapitel einfach mit ein paar Bildern querbeet 🙂

Und mit dem E-Auto?

Ja das war so eine Sache auf der Insel. Vollgeladen angekommen war ich recht entspannt als die erste Schnellladesäule bei EL Cotillo komplett stromlos war. Bei der zweiten in Corralejo konnte mir telefonisch zumindest bestätigt werden, dass ein Fehler vorliegt – ob und wann der behoben wird, wusste man natürlich nicht. Eine weitere bei einem Hotel war zugeparkt, an der Rezeption wusste man auch nicht so recht was das rote Licht zu bedeuten hat – jedenfalls auch in zweiter Reihe geparkt keine Ladung möglich.

Aber kein Ding, in der Hauptstadt Puerto del Rosario gab es ja noch zwei weitere: Die vom großen Energieversorger Endesa zeigte gleichmal, dass die schnelle CSS-Variante „in Wartung“ ist – das zeigten übrigens fast alle an, ein Schelm wer sich was Böses dabei denkt. Also wenn man schonmal da ist halt 11 kW per Typ2-Anschluss. Blöd nur, dass die Kommunikation nicht klappte und der Ladevorgang nicht startete. Telefonisch keine Hilfe und Antwort vom Kundenservice – Pustekuchen. Na aber da ist ja noch eine von „IBIL“ ein paar Straßen weiter. Da hat jemand den Not-Aus-Schalter betätigt der sich nicht mit der üblichen und beschriebenen Drehung wieder deaktivieren lässt. Hotline wie üblich keine Hilfe.

Also weiter gen Süden die Küste entlang Richtung Unterkunft – da ist beim McDonalds ja noch eine Schnellladesäule von Endesa:

Seufz, ein paar Meter zurück eine 7 kw Säule von IBIL – so langsam nimmt man ja alles, Hauptsache Strom. Aber nicht an Anlaufstelle Nummer sieben (!) – nicht lesbares Display, keine RFID-Karte funktioniert. Weiter nach Gran Tarajal – sozusagen Hafenstadt meiner Homebase ein paar Kilometer im Landesinneren. Clever ausgesucht wegen der Ladestation dort – am Strand abhängen während das Auto schön auflädt und so.
Nur ging da auch exakt nix. Nach ewigem Rumgesuche herausgefunden, dass IBIL von Repsol – dem spanischem Erdölkonzern schlechthin – aufgekauft wurde. Die haben weltweit 25.000 Mitarbeiter*innen und Ahnung von E-Mobilität haben meiner unverschämten Schätzung nach davon exakt Null. Einzige Aktivierungsmöglichkeit ist per eigener App „Waylet“. Kein Ding – installiere ich die halt. „Diese App ist für Ihr Land nicht verfügbar“. Ahhhh jaaaa – echt jetzt? Playstore auf Spanien umstellen hab ich mich nach der Meldung, dass man das nur begrenzt machen kann und nicht sichergestellt wäre, dass installierte Apps weiter funktionieren, nicht gemacht. Aber ich hatte ja noch mein altes Smartphone mit, also das per Hotspot ins Internet und Playstore mit anderem Account auf Spanien umgestellt und schon konnte ich die App installieren. Aber nicht mich registrieren. Dafür verlangen die Schlaumeier eine Telefonnummer und geben auch schon Ländervorwahlen zur Auswahl – Spanien, Frankreich, USA aber keine +49. Noch gebe ich aber nicht auf – also spanische Prepaid-SIM gekauft – kann man ja immer mal gebrauchen und schon funktioniert es mit der App. Aber nicht mit dem Laden an der Säule.

Zugegeben davor hatte ich schon die Schnauze voll und bin zur Unterkunft – krass moderne und voll ausgestattete Bude die Ivan da eingerichtet hat. So wie alles aussah war ich der erste Besucher, Bewertungen auf Airbnb gab es jedenfalls noch keine. Waschmaschine, extra Backofen, TV – in der Küche. Riesen Smart-Flatscreen im Wohnzimmer und im Schlafzimmer natürlich noch einer. Aber ich schweife ab – die Karre braucht so langsam echt Strom. Ein paar Kw gingen nach 20 Versuchen über die 220 V Steckdose im Außenbereich der Wohnung – das Stromnetz ist nicht so stabil meinte Ivan. O.K. – danach musste aber erst ein noch akuteres Problem gelöst werden:

Reifenplatzer

Bis der ADAC angefangen hatte, etwas mit einer Werkstatt zu regeln, war ich mit Ivan längst bei der örtlichen Michelin Vertragswerkstatt und wir haben festgestellt, dass es auf der Insel keine 245er Niederquerschnittsreifen gibt (zugegeben nicht gerade sinnvolle Ausstattung auf den Inseln) – kommen vielleicht Samstag per Kurier aus Gran Canaria. Es wurde Montag und fragt nicht nach dem Preis. Gustavo sprach ein wenig Deutsch weil er eine zeitlang in München war und er meinte es gäbe nur ein Model 3 auf der Insel. Die Corvette (-> Mit dem E-Auti auf die Kanaren), die mit mir auf der Fähre war, war schon Gesprächsthema auf der Insel und seinen alten Mercedes, den er in einer extra Garage hegt und pflegt und 1x pro Woche laufen lässt, hat er mir auch noch gezeigt.

kein Mietwagen auf der ganzen Insel

Einkaufsmöglichkeit zu Fuß 10 km weg aber der ADAC spendiert ja einen Mietwagen – dumm nur, dass es keinen mehr gab. Keinen einzigen auf der ganzen Insel. Ein Vermieter meinte, er wäre die nächsten drei Monate ausgebucht. Autos wurden wegen der eingebrochenen Nachfrage dank Corona abgestoßen und keine neuen angeschafft. Als es wieder losging mit dem Geschäft – Chipkrise, kaum neue Autos zu bekommen. Aber es gibt ja Ivan – Taxidienst in den Supermarkt und zurück, dabei die Kids in der Schule abgeliefert. Von der Polizei überwacht wird da im Freien an den Klassenschildern – Ende Oktober in Spanien natürlich mit Maske – Aufstellung genommen. Eine Horde Eltern außenrum wartet bis die Lehrer*innen die Kids mit in die Klassenzimmer nimmt. Herzallerliebst. Ganz im Ernst 🙂

Ladestation Nr. 9 funktioniert!

Wie auch immer – mit der App konnte ich dann in Costa Calma exakt 1x laden, danach wollte sie eine spanische Versicherungsnummer oder whatever, was ich nicht habe und neben einer kostenlosen Schnellladesäule am anderen Inselende oberhalb von Morro Jable, die wohl mit beliebiger RFID-Karte aktiviert werden konnte, war – ich sags ungern – Lidl mal wieder die lokale Rettung. In Corralejo hat es dann auch mal geklappt – eine britische Immobilienmaklerin wollte mir das Auto gleich abkaufen. Mit dem E-Golf war sie nicht so glücklich, hatte sie in England doch ein Model S in der Performanceausführung 😉 Lobende Wort für die Ladeinfrastruktur auf der Insel hatte sie alledings keine auf Lager.