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Sternschnuppen fotografieren – die Perseiden 2023 kommen angeflogen

6. August 2023

Wie macht so ein Bild fragen sich viele „Anfänger*innen“ sicherlich aber nicht nur für ist der Artikel gedacht. Denn auch Fortgeschrittene können vielleicht noch das eine oder andere mitnehmen. Einfach nur Bilder anschauen ist natürlich auch erlaubt 😉

Perseiden über dem Teide Observatorium auf Teneriffa
Perseiden über dem Teide Observatorium auf Teneriffa in der Nacht vor dem Maximum 2018

Es ist „natürlich“ nicht ein Bild, sondern es sind viele einzelne Bilder in Photoshop zusammengefügt. Es muss nicht Photoshop sein – Ebenen und Masken muss das Bildbearbeitungsprogramm aber beherrschen, wenn man mehrere Sternschnuppen in einem Bild darstellen möchte. Im Fall des Bildes oben lief die gute alte Canon 6d knapp acht Stunden und hat nonstop Aufnahmen mit 20 s Belichtungsdauer gemacht. Als Objektiv kam das 20 mm Sigma bei Blende 2 zum Einsatz. Dank dunklem Himmel im Atlantik konnte ich ISO 4000 wählen. In den gut 1.400 Aufnahmen habe ich dann zunächst die mit Perseiden gesucht – d. h. etliche Satellitenspuren aussortiert! Dann die Leuchtspuren ausgeschnitten und in ein ausgewähltes Bild der Serie mit Observatorien und Milchstraße in jeweils eigene Ebenen kopiert. Die einzelnen Strichspuren habe ich passend zur Uhrzeit der Aufnahme des Himmels gedreht, so dass sie zum Radiant zeigen. Also ein Haufen Arbeit und nicht mal eben so geknipst – das muss einem schon bewusst sein, wenn man sowas vorhat.

Meteoroiden, Meteore, Meteoriten – alles Schnuppe?

Bei wem bei „Radiant“ Fragezeichen aufpoppen, ist in dem Absatz richtig – zunächst mal ein paar Infos zu Sternschnuppen 🙂
Das mit dem Wunsch, den man frei hat, wenn man eine Sternschnuppe sieht, gehört eher ins Fabelreich der Astrologie. In der seriösen Astronomie heißen die Sternschnuppen Meteore. Wobei bei der Meteorkunde auch die Meteorologie eine Rolle spielt – schließlich handelt es sich um Leuchterscheinungen in der Atmosphäre. Schon gemein die Ähnlichkeit der Begriffe aber damit nicht genug. Eigentlich sind es zunächt Meteoroiden, die da im All rumschwirren und zu Meteoren werden sie erst, wenn sie in die Erdatmosphäre eintreten. Sollte es so ein Teilchen bis zur Erdoberfläche schaffen, dann nennt man es Meteorit – alle Klarheiten beseitigt? 😉

Jedenfalls gibt es in unserem Sonnensystem neben den Planeten eine ganze Menge an kleinen Teilchen, die meist von größeren Brocken (Asteroiden) stammen, die um die Sonne kreisen. Das mit den Asteroiden ist wieder eine Sache für sich. Sie treten geballt in verschiedenen Gürteln wie dem Hauptgürtel zwischen Mars und Jupiter oder den weiter außen im Sonnensystem liegenden Kuipergürtel auf. Jedenfalls ist da draußen bei aller Leere des Weltraums verdammt viel los und Asteroiden möchte man lieber nicht als Leuchterscheinung am Himmel sehen. Der vermutlich 12.000 t schwere Brocken, der 2013 in Tscheljabinsk niederging, richtete einiges an Schaden an. Und da war ja noch das mit dem Aussterben nicht nur der Dinosaurier vor rund 66 Millionen Jahren. Vermutlich war es ein Astereoid mit 14 km Durchmesser, der bei der heutigen mexikanischen Halbinsel Yucatán einschlug und in dessen Folge 75 % der Arten auf der Erde ausgestorben sind. Der Chicxulub-Krater mit rund 180 km Durchmesser ist heute noch „sichtbar“.

Bei unseren Sternschnuppen handelt es sich zum Glück nur um winzige Teilchen – die allermeisten sind weniger als einen Millimeter groß. Man schätzt, dass davon über 100 t täglich (sic!) die Erde erreichen. Diese Mikrometeore sind aber zu klein, als dass sie einen mit bloßem Auge beobachtbaren Effekt hätten. Da braucht es schon Teilchen mit mehr als einem Millimeter und am Nachthimmel sehen wir die dann als mehr oder weniger helle Sternschnuppen „verglühen“. Es ist natürlich mal wieder komplizierter – die Leuchterscheinung wird eben nicht direkt durch Reibung und einhergehender Erhitzung verursacht. Vielmehr wird die (dünne) Luft um die Meteore schon in rund 100 km Höhe „ionisiert“. Das heißt, aus Atomen werden Elektronen gelöst und dadurch sind sie nun positiv geladen. Das „mag die Natur nicht“ und daher wird das über die nachfolgende Rekombination gleich wieder rückgängig gemacht. Jetzt kommt es endlich: Dabei wird Energie in Form von Photonen abgegeben – es leuchtet. Dieses Rekombinationsleuchten sorgt übrigens auch für den hellen Orionnebel oder den Lagunennebel im Sternbild Schütze. Es sind sogenannte Emissionsnebel und da sind es keine Meteore, sondern intensive UV-Strahlung von jungen Sternen im Inneren, die Wasserstoff und Helium zum Leuchten anregen. Das gleiche beim Polarlicht – hier sind es meist Sauerstoff- (grün oder rot je nach Höhe) oder seltener Stickstoffatome (blau-violett).
Bei 10 mm und mehr können die Leuchterscheinungen deutlich heller werden als die hellsten Sterne am Nachhimmel – man nennt sie dann Feuerkugeln oder Boliden. Da braucht’s schon sehr viel Glück, um das eindrucksvolle Schauspiel zu erleben. Und dann noch eine Kamera dabei, die auch gerade ein Bild macht und dann auch noch in die richtige Richtung? Geht 😉 Mehr dazu unter https://timelapsevideo.eu/feuerkugel-ueber-teneriffa-once-in-a-lifetime-shot-auf-la-palma/ und das Zeitraffervideo dazu auch auf meinem anderen Blog.

Eine Feuerkugel über Teneriffa – 2021 mit 85 mm Brennweite von La Palma aus fotografiert (Einzelbild).

Diese größeren Meteore gelangen – je nach Geschwindigkeit, Eintrittswinkel und Materialeigenschaften – auch in niedrigere Luftschichten. Dort hinterlassen die dann auch immer mal wieder eine klar sichtbare Rauchspur durch verdampfendes Material. Das ist schön in dem animierten GIF zu sehen, das eine helle Sternschnuppe über den Leuchttürmen von Fuencaliente – ebenfalls auf La Palma – und die Bilder danach zeigt:

Hier sieht man auch ein typisches Verhalten von Meteoren aus eher weichem Material: Es kommt zu einer starken Erhöhung des durch Reibung/Hitze abgetragenen Materials („Ablation“) verbunden mit einer starken Helligkeitserhöhung. Im Bild ist das der hellgrüne, breitere Bereich der Leuchtspur. Dadurch verliert das Meteor – Meteore sind sächlich 😉 – aber auch schnell an Masse und meist ist die Spur dann schnell zu Ende. Größere Meteore können unter zunehmenden Einfluss der dichter werdenden Erdatmosphäre auseinanderbrechen („Fragmentation“) und einen regelrechten Meteorschauer erzeugen. Da kann ich kein Bild bieten aber grandioser Übergang zu …

Meteorschauer

Glücklicherweise ist es nicht nur Glück mit den Sternschnuppen. Es gibt periodisch wiederkehrende Schwärme, die eigentlich Meteoridenschwärme heißen müssten. 😉 Meist ist aber die Rede von Meteorströmen oder -schauern, definitiv falsch wäre allerdings Meteoritenschauer – das sind ja die Dinger, die auf der Erde aufschlagen. IdR. handelt es sich um Material von Kometen – sie hinterlassen in Sonnennähe einen regelrechten Staubschweif. Bei passender Kometenbahn durchfliegt die Erde auf ihrem jährlichen Weg um die Sonne immer zur gleichen Jahreszeit diese Teilchenwolke – fertig ist der Sternschnuppenschwarm. Die Teilchenwolke ist nicht homogen und verflüchtigt sich auch über die Zeit, so dass die Intensität des Sternschnuppenregens tendenziell über die Jahre nachlässt. Dennoch kann es aber zwischenzeitlich zu einem deutlichen Anstieg kommen. Da die Komentenüberreste über dessen Bahn verteilt sind, verlaufen sie weitgehend parallel und die Leuchterscheinungen zeigen daher alle in die gleiche Richtung. Für Beobachter auf der sich drehenden Erde scheint es zumindest so, als kämen sie in Relation zum Sternenhimmel aus der gleichen Region – dem sogenannten Radiant.
Je nachdem wie viel Material der Komet hinterlassen hat, gibt es auch mehr oder weniger Sternschnuppen – das misst man mit der „Zenithal Hourly Rate“ (ZHR). Sie gibt an wie viele Sternschnuppen man bei idealen Bedingungen in einer Stunde beobachten kann. Leider wird die in vielen Medien völlig unreflektiert und sensationsheischend verwendet und führt regelmäßig zu enttäuschten Beobachter*innen.

So ein Spektakel sollte man nicht erwarten – Quadrantiden im Januar 2019 im Teide Nationalpark auf Teneriffe – siehe Blogeintrag

optimale Beobachtungsbedingungen

Wie bei der Beobachtung von Sternbildern, Milchstraße & Co. heißt es auch in Sachen Sternschnuppen Abstand von künstlichen Lichtquellen halten. Je dunkler der Himmel, desto eher sieht man auch schwache Leuchterscheinungen. Für die ZHR wird eine Grenzhelligkeit von 6,5 mag angesetzt. Die findet sich aber sogar kaum in den wenigen ganz dunklen Ecken in Sternenparks wie Westhavelland, Eifel oder Rhön. Selbst bei optimal dunklem Beobachtungsplatz mit freiem Rundumblick bis zum Horizont muss noch der Mond mitspielen. Am besten also um Neumond herum und/oder er muss sich zur Beobachtungszeit klar unter dem Horizont befinden. Natürlich muss es Nacht sein und zwar „richtig“ – d.h. astronomische Dämmerung mit der Sonne 18° unter dem Horizont. Im Sommer je nach Standort durchaus ein Problem – da wird es in Deutschland im Norden nämlich gar nicht richtig Nacht! Dann wäre da noch der Radiant – der Punkt, aus dem die Sternschnuppen scheinbar alle kommen. Der steht bei der angegeben ZHR im Zenit, also senkrecht im Himmel und wir sehen sozusagen alle davon ausgehenden Meteore. Das ist nur quasi nie der Fall und steht der Radiant nur knapp über dem Horizont, wird die Zahl der beobachtbaren Meteore gleich mal fast halbiert.

Die Perseiden 2023 – Höhepunkt in der Nacht vom 12. auf den 13. August

Der aktuell anstehende Meteorschauer hat seinen Ursprung im Kometen „109P/Swift-Tuttle“. Er wurde von seinen beiden Namensgebern 1862 entdeckt und hat uns 1992 erneut einen unspektakulären Besuch abgestattet hat – er blieb über 170 Millionen Kilometer entfernt. 2126 soll er sich uns bis auf auf knapp 23 Millionen Kilometer nähern und dürfte unseren Nachfahren Sternschnuppennachschub bescheren. Der Name des Schwarms stammt von dem Sternbild Perseus aus dem alle Sternschnuppen scheinbar kommen – dem sogenannten Radiant. Perseus gehört zu den klassischen Sternbildern, die schon von Ptolemäus beschrieben wurden. Es ist nach dem Helden Perseus der griechischen Mythologie – Besieger der Medusa – benannt. Eine anschauliche 3D-Animation zur Herkunft der Perseiden war 2018 Astronomy Picture of the Day.

Der Radiant der Perseiden steht mit Beginn der astronomischen Nacht (kurz nach 23 Uhr in der Mitte von Deutschland) in etwa im Nordosten (31° Azimut) auf rund 30° Höhe fast direkt unter dem „Himmels-W“, der auffälligen Kassiopeia. Bis zur morgendlichen Dämmerung (astronomisch bereits ca. 3:45 Uhr) zieht der Radiant gut 20° gen Osten und steht dann mit gut 60° hoch am Himmel. Am besten schaut ihr euch das für euren Standort in Stellarium an oder nutzt eine Planungs-App wie PlanIt! oder Photopills – die Zeiten unterscheiden sich schon deutlich. So ist in Hamburg von 23.40 bis 3:11 Uhr die „Nacht“ deutlich kürzer als in München, wo sie bereits eine Stunde früher beginnt und bis 4 Uhr geht!
Nachfolgend stundenweise von 23 bis 4 Uhr in Stellarium für Standort Fulda dargestellt. Stellarium rechnet übrigens mit dem Meteor Showers Plug-in eine realistische Meteorrate aus, die man angezeigt bekommt wenn man den Perseiden-Radiant auswählt:

Rechts neben Kassiopeia haben wir die Andromeda-Galaxie als interessantes Objekt, senkrecht darunter geht gleich der helle Jupiter auf. Der Mond erscheint 2.20 Uhr genau im Nordosten zum Glück nur zu 10 % beleuchtet als schmale Sichel und östlich davon ist gegen 4 Uhr schon das markante Sternbild Orion zu erkennen. Das sind eigentlich so gute Bedingungen, dass das Wetter ja fast schlecht werden muss – Murphy’s Law und so 😉

Wie geht das denn jetzt mit dem Fotografieren?

Viel anders als bei normalen Aufnahmen des Nachhimmels mit Milchstraße ist es erstmal nicht:

  • ein (stabiles) Stativ ist Pflicht
  • eine möglichst „gute“ Kamera, die auch bei hohen ISO-Werten noch rauscharme Bilder liefert
  • ein möglichst lichtstarkes Objektiv – f 2,8 sollte es mindestens sein
  • Intervall-Auslöser – entweder intern mit der Kamera oder einen externen Auslöser. Top natürlich der LRTimelapse Pro Timer 3 (Affiliate Link) aber einfachere Modelle oder gegebenenfalls eine mit der Kamera kompatible App sind für den Anwendungsfall aber ausreichend.
  • Eine doch ganz andere Sache geht allerdings auch: Die Aufnahmen mit Nachführung machen. Der Vordergrund muss dann natürlich zwingend separat aufgenommen werden aber durch den Ausgleich der Erdrotation hat man immer den gleichen Himmelsausschnitt im Bild. Der Radiant läuft so nicht durch das Bild und die Meteorspuren zeigen alle zum Perseus.
  • Wie schon erwähnt – ein dunkler Standort. Bedenkt auch Straßenführung in der Umgebung und störende Scheinwerfer. Bei der medialen Aufmerksamkeit im Vorfeld und dann haben wir noch Wochenende …
  • Sonstiges
    • Ersatzakkus und/oder Powerbank & Co., Stirnlampe und Ausrüstung 2x checken – wer gerne mal mit Kamera ohne Akku oder Speicherkarte unterwegs war auch 3x 😉
    • Essen/Getränke, warme Klamotten
    • einen Plan was ihr wie aufnehmen wollt – am besten mit Cheetsheat zu Kameraeinstellungen und Checkpunkten (Akku voll, AF aus, Fokus nochmal kontrolliert, Speicherkarte leer, …)

Wie sehen die Einstellungen an der Kamera aus?

  • manueller Fokus
    Standardvorgehensweise ist maximale Vergrößerung im Liveview auf einen hellen Stern und solange den Fokusring drehen bis der Stern klein und rund ist. Funktioniert auch mit anderer Lichtquelle in größerer Entfernung
  • Bildstabilisator aus
  • Aufnahme im RAW-Format – bietet mehr Spielraum in der Bearbeitung als fertig entwickelte JPGs
  • nicht zwingend aber ich empfehle manuellen Weißabgleich. Bei RAW eigentlich egal da das erst im Nachhinein eingestellt/entwickelt wird aber er hat Einfluss auf die Belichtungsmessung
  • Belichtung – die kommt natürlich auf die Gegebenheiten vor Ort an aber als Startpunkt für Testaufnahmen vielleicht: ISO 3200, Blende 2 bis 2,8 je nach Objektiv und Belichtungszeit 10 s.
  • Auslösung: Automatisch ein Bild nach dem anderen und sich ärgern wenn man in die andere Richtung eine tolle Sternschnuppe beobachtet 😉
    Intervallauslöser mit 1-3 Sekunden mehr Intervallzeit als Belichtungsdauer (je nach Kamera und deren Arbeitsweise/Speichergeschwindigkeit) oder den Fernauslöser auf „Dauerfeuer“ und die Kamera auf Serienaufnahme statt Einzelbild – dann sollte sie so schnell Bilder hintereinander machen wie es geht. Probiert das unbedingt vorher aus!

Besonderheit zur Belichtung bei Sternschnuppen

Sobald die astronomische Nacht hereingebrochen ist, kann man die Gesamtbelichtung einfach durch Probeaufnahmen testen. Der Himmelshintergrund sollte jedenfalls noch einigermaßen dunkel sein – schließlich möchten wir ja, dass sich die Sternschnuppen vor einem dunklen Hintergrund abheben. Das dürfte bei den meisten die Belichtung begrenzen. Wer einen wirklich dunklen Himmel hat muss dagegen überlegen, ob man den ausreizen möchte. Man bekommt dann zwar auch schwächere Meteore abgebildet, hellere „brennen“ dagegen aus, sind überbelichtet und man verliert die Farben. Mehr hilft mehr stimmt auch hier mal wieder nicht. Bei dynamikstarken Kameras, bei denen man aus den dunklen Bereichen in der Bearbeitung noch viel rausholen kann, kann man etwas zurückhaltender bei der Belichtung bleiben.

Natürlich bekommen wir durch leichtes Abblenden (also etwas höheren f-Wert als minimal möglich) eine geringere Vignettierung (Abschattung an den Bildrändern) und insgesamt höhere Abbildungsqualität. Geringere ISO-Werte bieten tendenziell auch weniger Rauschen und mehr Dynamikumfang und die Belichtungszeit darf nur so lange sein, dass die Sterne noch punktförmig sind. Faustformel als Anhaltspunkt: 500 geteilt durch die Brennweite bei Vollformat und bei Cropkameras wird das nochmal durch den Cropfaktor geteilt. Dann macht man einfach eine Probeaufnahme, zoomt beim Betrachten rein und entscheidet, ob man das O.K. findet.

Mit kurzen Belichtungszeiten kann man auch bei hellem Himmel Sternschnuppen gut sichtbar machen wie hier bei den Perseiden 2022 einen Tag nach Vollmond. Die Ausbeute einer ganzen Nacht – 120 mm, f 2,8, ISO 3200 und nur 2 s Belichtungszeit.

Neben der absoluten Belichtung spielt es aber auch eine Rolle, wie sie sich zusammensetzt. Neben den zuvor erwähnten Aspekten im Belichtungsdreieck geht es uns ja bei den Sternschnuppen darum, die möglichst gut rauskommen zu lassen. Und die verhalten sich ja anders als Sterne – sie bewegen sich sehr viel schneller! Bei z. B. 20 Sekunden Belichtungszeit fällt das Licht des recht hellen Mirfak im Perseus eben 20 Sekunden auf so ziemlich die gleichen Sensorpixel und entsprechend hell erscheint er im fertigen Foto. Die gleich helle Sternschnuppe leuchtet aber vielleicht nur 2 Sekunden und verteilt ihr Licht wegen ihrer Bewegung obendrein über viel, viel mehr Pixel auf dem Sensor – erscheint dann also viel dunkler. Bei gleicher Gesamtbelichtung erhalten wir also mit kurzen Belichtungszeiten und entsprechend höherer ISO und/oder größerer Blendenöffnung hellere Sternschnuppen. Die Perseiden sind in Sachen Geschwindigkeit übrigens nicht außergewöhnlich – ihre geozentrische Geschwindigkeit liegt bei 59 km/s. Von den bekannteren Meteorströmen sind die Leoniden (Maximum am 18. November) mit 71 km/s am schnellsten unterwegs, die Geminiden (14. Dezember) schleichen mit 35 km/s dagegen regelrecht über’s Firmament.
Nachteil von kurzen Belichtungszeiten ist allerdings, dass die Wahrscheinlichkeit steigt, dass eine Leuchtspur „abgeschnitten“ wird. Zumindest bei schnellen Kameras ist das allerdings so kurz, dass man die Lücke in der Bearbeitung per Kopierstempel schließen kann.

Die Sache mit dem Vordergrund

Neben dem technischen Kram der einfach stimmen muss, geht es ja eigentlich primär um eine Bildidee, ein Motiv über „Sternschnuppen“ hinaus, um eine Komposition. Da schadet es nicht, sich frühzeitig Gedanken zu machen und neben Planung am Rechner/Smartphone vor Ort vorbeizuschauen, ob das alles auch so passt wie man es sich vorstellt.

Es muss nicht immer das aufwändige Composite mit separat aufgenommenen Vordergrund etc. sein – eine Einzelaufnahme an den Roques de Garcia auf Teneriffa im Vorfeld der Perseiden 2018. Sony A7rIII mit 14 mm f2,8 Samyang bei ISO 5000 und 25 Sekunden.

Die Frage Einzelbilder oder Collage mit vielen Sternschnuppen ist vielleicht gar keine so wichtige. Bei beiden Varianten sollte ein ansprechender Vordergrund in Szene gesetzt werden. Vielleicht eine klassische Aufteilung 1/3 Vordergrund und 2/3 Himmel, ähnliches horizontal – den markanten Berggipfel oder Turm vielleicht nicht in die Mitte setzen. Oder auch mal doch genau in die Mittel – Regeln sind zum brechen da. Manchmal. Jedenfalls – ob ich dann ein Einzelbild wie oben präsentiere oder mehrere eingefangene Sternschnuppen reinkopiere macht bei der Aufnahme keinen Unterschied.
Einzig ist die Frage, ob ich bei einer Collage nicht vielleicht gleich ein extra Bild für den Vordergrund mache – z. B. mit niedrigerer ISO und langer Belichtungszeit da verzogene Sterne in dem Fall ja keine Rolle spielen. Oder ich setze mich selbst oder andere Personen dabei in Szene, arbeite mit (bitte dezenter) Beleuchtung. Oder ich schieße den Vordergrund noch in der Dämmerung, um für bessere Ausleuchtung zu sorgen. Oder, oder, oder – jedenfalls nur Sternenhimmel fände ich eher langweilig.

Allerdings kann man sich ja auch am Himmel einen Vordergrund suchen – wobei der dann eher Hintergrund wäre. Die Andromeda-Galaxie (M31) bekommt man bei guter Ausrüstung auch mit einem single shot abgebildet – den Mond sowieso. Besser natürlich noch mit einer Nachführung wer hat. Um eine ordentliche Bildwirkung zu erzielen, muss man allerdings schon zu längeren Brennweiten greifen. Man sieht zwar beide Objekte auch mit einem Weitwinkel aber beeindrucken können sie isoliert nicht finde ich. Also 100-300 mm dürfen es da schon sein und lange Verschlusszeiten widersprechen dem Kapitel zur Belichtung zumindest bei M31 übrigens nicht. Die ist ja recht dunkel im Vergleich zu unseren Sternschnuppen und hier gilt dann, dass wir durch lange Verschlusszeiten die Galaxie in Relation zu den Sternschnuppen heller machen.

Eine Frage der Brennweite

Eine schöne farbige Meteorspur neben oder „durch“ Mond bzw. M31 wäre sicher nicht schlecht aber es hat seinen Grund, dass man das nicht so oft sieht. Die Chance eine Sternschnuppe in so einem kleinen Ausschnitt des Himmels zu erwischen wie wir ihn bei 200 mm haben, ist natürlich viel kleiner als bei Weitwinkelaufnahmen. Nehmen wir eine „echte“ durchschnittliche ZHR vor Ort von 30 an und geben uns bei M31 fünf Stunden, dann haben wir zwar 150 Chancen auf so ein Bild aber die Sternschnuppen sind über den ganzen Himmel verteilt! Also ein Sichtfeld von 360 x 180° – das 200er Tele hat rund 10 x 7° Sichtfeld und wir bräuchten gut 900 Bilder, um die halbe Kugel abzulichten. Oder anders: Rein statistisch wäre einer von gut 900 Meteoren auf unserem Bild drauf. In 6 Jahren müsste das also einmal klappen – theoretisch 😉
Mit der Brennweite ist es quasi die Entscheidung zwischen der geringen Chance auf eine fast Nahaufnahme wie dem Boliden über dem Teide oben oder der sicheren Aufnahme von durchaus mehreren Sternschnuppen, die einzeln dann aber unter Umständen fast ein wenig untergehen in der Weitwinkelszene.

Ein guter Kompromiss scheint mir eine Brennweite um 20 mm zu sein. Gute Chancen etliche Sternschnuppen zu erwischen und mit der Möglichkeit bei hoher Auflösung zu „croppen“ – also einen Ausschnitt zu wählen – auch die Chance eine einzelne Schnuppe schön darzustellen.

Nun haben wir aber auch noch den Milchstraßenbogen und je nach Standort auch das Zentrum unserer Galaxie über dem Horizont. Da ist nun auch eine extreme Weitwinkelaufnahme bis hin zum 180° Fisheye denkbar. Eventuell einige der Aufnahmen mit schöner Position der Milchstraße stacken um mehr Details bei weniger Rauschen rauszuholen und da die Sternschnuppen einer ganzen Nacht reinkopieren.

Wer mehrere Kameras zur Verfügung hat, kann natürlich gleichzeitig mehere Ziele in Angriff nehmen oder lässt sie parallel für ein Panorama oder eine 3D-Zeitraffer laufen 😉

Die Blickrichtung

Ist doch klar – Richtung Radiant wo sie herkommen! Äh nein 😉
Für ein Composite hat es natürlich was, den Radiant im Bild zu haben um schön zu zeigen, dass die Perseiden scheinbar aus dem Sternbild Perseus kommen. Sie erscheinen aber überall am Himmel und mit größerer Brennweite genau auf den Radiant zu halten, wäre sogar kontraproduktiv. Tauchen sie in der Richtung in die Atmosphäre ein, bewegen sie sich ja direkt auf uns zu und erzeugen daher nur sehr kurze Leuchtspuren. Wer längere Sternschnuppen aufnehmen möchte, sollte also locker 20° vom Radiant wegbleiben. Wenn ihr vom Standort beschränkt seit – sei es kein schönes Motiv oder starke Lichtverschmutzung gen Nord-Ost – dann schwenkt ruhig ganz wo anders hin wie ich es bei der Aufnahme über dem Teide-Observatorium auch gemacht habe!

Der Zeitpunkt

In der Nacht vom 12. auf den 13. August und die meisten Meteore direkt vor Ende der astronomischen Nacht zu erwarten. Der Radiant steht da am höchsten, es ist noch dunkel und die Erde bewegt sich zudem frontal in den Teilchenschwarm hinein. Wer sich also nicht die ganze Nacht um die Ohren schlagen kann oder möchte – zwischen 2 und 4 Uhr bietet sich an. Wobei – da wäre noch das Wetter, denn wir brauchen natürlich einen möglichst wolkenlosen Himmel.
Aber auch die Tage um den 13. lohnt sich ein Blick nach oben. Und weshalb nicht einfach mal ein paar Probeaufnahmen machen und Setup, Einstellungen und Location checken – vielleicht hat man Glück. Einige Bilder von 2018 sind deutlich vor dem Maximum entstanden. Was hätte ich mich geärgert da nicht unterwegs gewesen zu sein – in der Nacht der Nächte war dann ganz mieses Wetter.

Die Aufnahmen

  • Macht einen Plan, erstellt eine Checkliste und arbeitet die ab – das reduziert das Risiko für doofe Fehler. Davon könnte ich eine ellenlange Liste machen und ich finde immer wieder neue und mache vor allem alte immer mal wieder – sollte meinen eigenen Rat mal befolgen 😉
  • Geht frühzeitig zum geplanten Spot und sichert euch einen Platz in der 1. Reihe so dass euch später niemand vor der Kamera rumläuft.
  • Nehmt auf alle Fälle ein paar Bilder für den Vordergrund auf – man weiß ja nie. Vielleicht auch ein Pano mit Milchstraßenbogen – schaut ja auch ohne Sternschnuppen super auf und man kann ja auch dort rein die später eingefangenen Schnuppen (maßstabsgerecht!) kopieren.
  • Startet ruhig einige Zeit vor astronomischer Dämmerung – einen ordentlichen Boliden vor noch dezent beleuchteten Vordergrund muss man ja nicht verpassen

Die Bearbeitung

Ich arbeite mit Lightroom, wende eine „normale“ Bildbearbeitung auf alle Bilder an und scrolle die Bilder durch. Die mit irgendwelchen Strichen werden mit einem Stern markiert, besondere gleich mit zwei oder mehr. Dann filtere ich nach bewerteten Bildern und checke, ob was durchgerutscht ist, was keine Perseide ist:

  • Wenn es kein sauberer Strich ist, sondern eher Strichpunkte und vielleicht sogar rhytmisch rot und grüne Punkte auftauchen und das obendrein über viele Bilder: Flugzeug
  • lange Zeit gleiche Helligkeit über mehrere Bilder bzw. pro Bild nur sehr kurz – Satelliten von ISS bis zu den nervigen Starlinks von Elon Musk. Satelliten bewegen sich sehr viel langsamer als Meteore!
  • symmetrische recht kurze Spur mit ganz kurzer helle Stelle: Ein Flare von einem Satelliten – eine gut reflektierende Fläche wie Antenne oder Solarpanel reflektiert kurzfristig das Sonnenlicht genau zu unserer Position.
  • genereller Check: Die Leuchtspur muss zum Radiant zeigen – sonst war es definitiv keine Sternschnuppe der Perseiden

Dann markiere ich alle Bilder mit Sternschnuppen und sende sie als einzelne Ebenen an Photoshop (Menü Foto oder Rechtsklick auf ein Bild und „Bearbeiten in …“ -> „In Photoshop als Ebenen öffnen …“). Meist nehme ich eins der Bilder als Hintergrundbild mit komplettem Sternenhimmel und Vordergrund sowie schon einer Sternschnuppe – das kommt ganz nach unten, alle anderen Ebenen liegen darüber. Die bearbeite ich nacheinander, indem ich nur die Leuchtspur auswähle – mit Zauberstab, meist aber manuell mit dem Lasso. Dann vergrößere ich die Maske um 1 Pixel, verpasse ihr eine weiche Kante von 1 Pixel, kehre sie um und lösche alles andere. Es bleibt nur die Leuchtspur übrig, die sich mit der leichten weichen Kante meist sehr gut in den Sternenhintergrund einfügt. Wenn das Bild des Sternenhintergrunds noch in der Dämmerung gemacht wurde, passen die Farben eventuell sichtbar nicht zusammen und man sollte das anpassen, bzw. muss beim Maskieren sehr genau arbeiten.
Jetzt kann es natürlich noch sein, dass eine Sternschnuppe auf zwei Bildern auftaucht und es eine Lücke in der Spur gibt. Das sieht nicht so schön aus, lässt sich aber einfach beheben: Die beiden in eine Ebene packen, an die Stelle zoomen und mit dem Kopierwerkzeug (kleiner Pinsel, weicher Rand) eventuell von beiden Seiten zur Mitte arbeitend die Lücke schließen – fertig.

Nun kann man alle Meteorspuren gruppieren und gegebenenfalls noch dezent heller machen. Das wäre schon eine Version – die andere wäre die Ebenen einzeln so zu rotieren, dass sie zum Himmelshintergrund passen. Wir haben in dem Bild ja einen festen Radiant, die meisten Sternschnuppen sind aber zu einem ganz anderen Zeitpunkt aufgenommen mit dem Radiant an anderer Stelle. Man kann sie gradgenau nach der Uhrzeit um Polaris drehen – 15° pro Stunde. Oder man dreht sie manuell in etwa um den Polarstern, so dass sie zum Radiant zeigen. Beide Varianten habe ich weiter oben ja schon gezeigt und die Aufnahmen geben ja beides her. Wer einen separaten Vordergrund aufgenommen hat, muss den und eine Aufnahme vom noch kombinieren – hier helfen die KI-Freistellungswerkzeuge ungemein. Dennoch sollte man Bäume mit kleinteilig durchscheinendem Himmel im Vordergrund eher vermeiden.

Stacking

Noch eine Variante 😉 Wenn man schon zahlreiche Bilder des Himmels mit der Milchstraße hat, lohnt es sich natürlich, sich mal am Stacking zu versuchen. Für Anfänger bietet sich die kostenlose Software Sequator an. Nach Markierung verarbeitet sie separat Himmel und Vordergrund und das Zusammensetzen der beiden Bildelemente kann wegfallen. Wenn das eh ansteht, vielleicht gleich mit Siril beschäftigen – deutlich leistungsfähiger, mehr Einflussmöglichkeiten und bessere Resultate.

Das ist natürlich ein, zwei separate Beiträge wert – daher nur in Kürze:

  • Es werden unbearbeitete RAW-Dateien gestackt
  • Die Verrechnung mehrerer immer leicht unterschiedlicher Bilder liefert ein Bild mit größerer Bittiefe, dass sich intensiver bearbeiten lässt. Ein kleiner interessanter Helligkeitsbereich lässt sich so ausdehnen und sichtbarer machen – man spricht vom „stretchen“. Der Signal-Rauschabstand wird höher, das Resultat erscheint nach Bearbeitung detailreicher, rauscharmer und einafch „besser“
  • Neben den eigentlichen Bildern („Lights“) sollten zusätzlich jeweils mindestens zehn Darks, Flats und Biase aufgenommen werden – die werden von der Software jeweils gemittelt und können die Qualität weiter steigern
    • Darks werden bei gleicher Temperatur, ISO & Verschlusszeit mit Objektivdeckel in dunkler Umgebung aufgenommen – daher ja auch der Name 😉 Vereinfacht nehmen wir einen Teil des ungeliebten Rauschens auf und zwar nur den Teil. Den kann die Software dann herausrechnen.
    • Flats werden bei gleicher Blende und Brennweite aufgenommen wie die Lights und zwar von einer gleichmäßigen Fläche. Damit bilden wir die Vignettierung des Objektivs ab und auch alle möglichen Stabteilchen auf Linse und Sensor. DIe lässt die Stackingsoftware dann wie durch Zauberhand verschwinden
    • Ein Bias ist die Aufnahme bei gleicher ISO wie die Lights mit der kürzesten möglichen Verschlusszeit und wie beid en Darks mit Kappe im dunkeln. Die Aufnahmen liefern das Ausleserauschen der Kamera
  • Es gibt zahlreiche gute Tutorias auf YouTube und auf den beiden verlinkten Seiten findet ihr auch weitere Infos.

Zeitraffer

Das drängt sich natürlich auf wenn man schon viele hundert Bilder hat. Kann man zur Not aus Photoshop exportieren oder in den meisten Videoschnittprogrammen kann man auch Einzelbilder importieren und ihnen eine kurze Dauer von 0,04 s (ergibt 25 fps) zuweisen. Für mal schnell einen Clip zu machen ist das auch O.K.
„Richtig“ macht man das aber mit LRTimelapse (Affiliate Link) wo man sämtliche Bearbeitungen aus Lightroom keyframebasiert animieren kann und so z.B. perfekte Tag-Nacht-Übergänge hinbekommt. Dafür gibt es mit qDslrDashboard eine App, die die Belichtung der Kamera optimal steuert und z.B. nicht auf kurzzeitige Helligkeitsunterschiede wild reagiert oder gar hin und her springt. LRTimelapse erkennt die Keyframes, gleicht die Helligkeit an und kann sie obendrein mit speziellem Algorithmus glätten („Deflicker“). Wer sich für das Thema interessiert, sollte auf meinem Blog www.timelapsevideo.eu vorbeischauen und natürlich auch auf der Seite von Gunther Wegner, Entwickler von LRTimelapse: https://gwegner.de und auf der LRTimelapse-Seite kann ich Euch neben der Software das E-Book Zeitrafferfotografie (Affiliate Link) empfehlen. Das mit Abstand beste was es auf dem Markt gibt mit allen Grundlagen und Profiwissen.

Ich hoffe, ihr konntet von dem doch etwas länger ausgefallenem Beitrag was mitnehmen und habt bzw. hattet Erfolg bei der Sternschnuppenjagd – Ergebnisse/Links in die Kommentare! 🙂

Wer einen Boliden bzw. eine Feuerkugel beobachtet, kann den übrigens beim Institut für Planetenforschung des DLR melden.


Ergänzung 25.08.2023

Und was kam raus?

Seht ihr hier 🙂