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Nebulb – eine neue Software für die Astrofotografie

2. Januar 2024

Brauchen wir wirklich noch eine Spezialsoftware wo es doch schon so viele gibt?
Sequator, Siril, APP, DSS, StarStaX, PI, PIPP, FitsWork, Autostackert!, NINA, Sharpcap, PHD2, Stellarium, Sequence Generator, Starry Landscape Stacker, FireCapture, Astra Image, APT, RegiStax, GradientXTerminator, Starnet++, StarXTerminator, PlanIt! – um mal querbeet ein paar zu nennen 😉

Nun, zumindest leuchtet ein neuer Stern am Softwarehimmel und verspricht einiges – ob Nebulb ein (roter) Riese oder doch nur (weißer) Zwerg ist könnt ihr hier nachlesen.

Spoiler: Es kommt mal wieder drauf an …

Unter Puristen ist es bei Landschafts-Astrofotografie durchaus mit „Singleshots“ und Lightroom oder ähnlichem getan. Auch „nur“ mit Photoshop lässt sich mit Ebenen, Luminanzmasken und Scripts unglaublich viel machen. Aber die noch recht neue Software verspricht etliche spezielle Tasks komfortabel zu bewerkstelligen und beherrscht auch Basisfunktionen von klassischen Bildbearbeitungsprogrammen. Also gerade für „Neulinge“ ohne Photoshop & Co. vielleicht die „eierlegende Wollmilchsau“?

Was sie alles können soll klingt jedenfalls verlockend:

  • RAW-Konverter, Bildbearbeitung
  • Reduktion von Lichtverschmutzung
  • Stacking
  • Automatische Erkennung und Ausblendung von Flugzeug-/Satellitenspuren
  • Ausrichtung von Meteorspuren auf den Radiant
  • Überblendung von separaten Bildern von Vordergrund und Himmel
  • Startrails mit verschiedenen Optionen

Hintergrund und Kosten

Nebulb wurde nach eigenen Angaben von dem spanischen Astrofotograf Toni Gutiérrez zwischen August 2020 und November 2022 entwickelt. Das Programm nutzt die auf Bildbearbeituing fokussierte OpenCV Programmbibliothek und das weit verbreitete ExifTool – aktuell ist es nur für Windows verfügbar. Eine Mac-Version ist grundsätzlich geplant, wird aber definitiv nicht kurzfristig verfügbar sein, so der Entwickler. Verfügbar ist die Software aktuell (Dezember 2023) online unter https://nebulb.com – etwas seltsam gibt es selbst die Preisinfo erst nach Registrierung für den Newsletter. In der Mail gibt es dann nach viel Erzählung endlich den Link zum Shop mit dem Preis: 236,04 €.
Dafür gibt es offiziell für 1 Jahr Updates, in der unbestimmten Anfangsphase werden sogar 2 Jahre eingeräumt. Es gibt eine 21 Tage Testphase mit Online-Kündigungsmöglichkeit so dass der Kaufpreis erst gar nicht bezahlt werden muss.(Der Betrag wird auf der Kreditkarte oder bei PayPal zur späteren Zahlung geblockt – das ist eine echt faire Variante finde ich. In der Trialphase kann die Software nur einmalig auf einem Rechner installiert werden, nach Zahlung auf zwei.

Ein Handbuch gibt es leider nicht einmal auf spanisch, es fehlt sogar eine detaillierte Funktionsübersicht wie unten selbst zusammengetragen. Der YT-Kanal mit zahlreichen länglichen Videos bietet überwiegend spanische Infos mit katastrophaler Übersetzung der automatisch erzeugten spanischen Untertitel. Die softwareinterne Hilfe bietet außer einigen Links wie zum Youtube-Kanal nur Tastatur-Shortcuts als Mehrwert. Das ist arg dünn mal vorsichtig ausgedrückt für eine 200 € Software, die seit rund einem Jahr „fertig“ ist. Zig Videos zu durchsuchen um rauszufinden, weshalb eine vermeintlich einfache Funktion nicht funktioniert, übersteigt meine Gedult. Grundsätzlich ist die Software für mich aber in weiten Teilen mit ein wenig Trial & Error recht intiutiv bedienbar.

Oberfläche & Workflow

Die gesamte Software-Oberfläche – zwei äußere Werkzeugleisten und der Hauptbereich mit dem zu bearbeitenden Bild. Die Werkzeugleisten sind in der Breite einstellbar und auch ganz ausblendbar.
Die Funktionen sind nur auf die Ausgangsbilder anwendbar
Viele Varianten werden produziert und können zur Bearbeitung selektiert werden
Isolierte Bearbeitung von Sternen
3 Methoden und bis zu 5 Regler für die Reduktion von Lichtverschmutzung
Überblenden von Himmel, Vordergrund und eventueller Objekte sowie Möglichkeit den Himmel relativ zum Vordergrund zu skalieren und zu verschieben.

Im Prinzip fängt man in der Oberfläche links oben an, geht über Mitte-oben nach rechts und dann wieder von oben nach unten – schöne Sache.
Man kann bequem einen ganzen Ordner laden, bestimmt/lädt ein einzelnes Bild als Vordergrund, klickt Rauschreduktion an und stellt die Devignettierung ein, was dann für die einzelnen Rohbilder durchlaufen wird bevor sie gestackt werden. Dann wird der Himmel einigermaßen exakt maskiert – hier hilft bei deutlichen Helligkeitsunterschieden der „Zauberstab“ mit grob einstellbarer Empfindlichkeit. Man kann zusätzlich Bereiche für die spätere Reduktion der Lichtverschmutzung ausschließen und Bereiche über dem Horizont markieren, wo Gebäude u.ä. vorm Himmel liegen, um das Stacking besser zu gestalten bzw. deren klare Einblendung in das Himmelsbild zu verbessern.
Dann geht es an die Stackingparameter bzw. eigentlich nicht, da es keine Parameter zum Einstellen gibt. Das Stacking läuft einfach voreingestellt ab und man muss hoffen, dass es passt. Was nett ist – man kann sowohl Startrails als auch Stacking in einem Arbeitsschritt berechnen lassen und erhält mehrere Resulate, die man dann zur Bearbeitung auswählen kann. Bei Startrails muss man sich allerdings entscheiden, welche Effekte man einbauen möchte und wie die Glättung aussehen soll.

Das Stackingresultat liegt zeitlich in der Mitte der eingeschlossenen Bilder – das Referenzbild lässt sich aber verschieben. Im Bereich Bildbearbeitung kann man die für Himmel und Vordergrund separat vornehmen. Unter “ Light Pollution“ kann nicht nur Lichtverschmutzung reduziert werden, sondern generell der Sternenhimmel klarer herausgearbeitet werden – insbesondere Milchstraße und Deepsky-Objekte. Rumprobieren in Kombination mit den klassischen Bildbearbeitungsparametern ist angesagt und hat seine Grenzen.

Kommentierte Funktionen in der Übersicht:

  • Sprache: Englisch und Spanisch
  • RAW-Kompatibilität („NEF, CR2, CR3, ARW, RAF, ORF, DNG, RW2 and many others“) ohne Angabe des verwendeten RAW-Konverters und Updatesituation bei neuen Formaten – weitere kompatible Bildformate: TIFF (nur 8 Bit?), JPG
  • RAW-Entwicklung / Standard-Bildbearbeitung
    • Farbtemperatur Presets und stufenlose Temperatureinstellung, Pipette für Weißabgleich
    • Belichtung +/-5 EV, Weiß, Lichter, Schatten, Schwarz & Kontrast jeweils +/- 100
    • Dynamik & Sättigung +/- 100
    • keine Einstellung über Gradationskurve
  • Bildbearbeitung / -anzeige
    • Histogrammanzeige, Anzeige von Clipping in Lichtern und Schatten, keine RGB-Werte bei Mausposition
    • Exif-Anzeige ISO, Brennweite, Blende und Belichtungszeit – bei mehreren geladenen Bildern Gesamtbelichtungszeit
    • Rauschreduktion Farbe und Helligkeit – ohne Einstellmöglichkeit und nicht für gestackte Resultate
    • Reduktion von chromatischer Aberration – ohne Einstellmöglichkeit und nicht für gestackte Resultate
    • Objektivkorrektur – nur Vignettierung manuell mit Vignettierungskurve allerdings ohne Möglichkeit den Radius einzustellen. Keine Objektivdatenbank wie in Lightroom u.ä., keine Profilerstellung/-speicherung.
    • Bilddarstellung: Eingepasst und 7 fixe Stufen, kein Zoom mit Maus/Scrollrad (bei gestackten Bildern geht es dann per Scrollrad); Farbe & s/w
    • Masken: Einfacher Pinsel mit stufenlos einstellbarem Durchmesser ohne Einstellmöglichkeit für weichem Rand oder Deckkraft, Art Zauberstab ohne EInstellmöglcihkeit; keine Linear-/Radialmasken, keine Luminanzmasken oder KI-gestütze Objekt-/Himmelserkennung
  • Stacking (die leistungsstarken und effektiven Algorithmen von komplexen DeepSky-Programmen sollen unkompliziert angewendet werden können meint der Entwickler)
    • verschiedene Presets (Milchstraße, Startrails, Meteorschauer, DeepSky u.ä.)
    • Einstellung ob mit oder ohne Nachführung aufgenommen wurde
    • Detektion von „fliegenden Objekten“ und separater Behandlung in eigenem Dialog
    • Referenzbild nach Import wählbar
    • keine Berücksichtigung von Darks, Biase und Flats was eigentlich absolut elementar nicht nur beim DeepSky-Stacking ist
    • kein Weißabgleich über Pipette mit gestacktem Bild möglich
    • kein klassisches „Stretching“ des gestackten Bilds per Gradationskurve – man muss mit den Weiß- und Schwarz-Reglern in Kombi mit den Lichtverschmutzungseinstellungen rumspielen
    • unklar ob zumindest intern mit 32 Bit wie bei spezialisierten Stackingprogrammen mit FITS-Format gearbeitet wird
  • Lichtverschmutzung
    • Scheint nicht mit Einzelbildern einsetzbar (ausgegraut, keine Einstellung / Aktivierung möglich)
    • 3 Methoden: Basis, Optimal & Erweitert
    • Bei Basic und Optimal ist „Reduktion“, „Verstärkung“ und „Glättung“ per Schieberegler feinstufig einstellbar wobei bei Optimal keine automatische Einstellung der Parameter erfolgt – es scheint sich „nur“ eine differierende Berechnungsmethode zu handeln.
    • Im Modus Erweitert ist zusätzlich „Dichte“ (des Analysegitters) und „Anpassung“ (an Helligkeitsvariationen) einstellbar
    • Ich bekomme mit den paar Reglern bei machen gestackten Bildern auf Anhieb vordergründig recht erstaunliche Details herausgearbeitet. Trotz bescheidenem Ausgangsmaterial mit durchziehenden Wolken. Es fehlt bei der recht agressiven Bearbeitung am Ende eine „ordentliche“ Rauschreduktion und um helle Bereiche wie den Orionnebel gibt es schnell heftige Artefakte wenn man dunklere Bereiche wie den Pferdekopfnebel hervorheben möchte. Da keine Flats berücksichtigt werden, muss man vor dem Stacken mit der Vignettierungskorrektur vorarbeiten sonst bekommt man den Gradient nicht mehr raus.
  • Sternenhimmel
    • Sternenreduktion – reduziert per Schieberegler die Helligkeit von Sternen, eine echte Sternentfernung wie mit Starnet++ oder StarXTerminator ist nicht ansatzweise möglich.
    • Leuchten (Glow) – fügt einen Schein mit einstellbarer Intensität um Sterne herum hinzu ähnlich dem Effekt eines Weichzeichners oder bei Schleierwolken vor den Sternen. Der Effekt ist bei hellen Sternen deutlicher, so dass Sternbilder besser erkennbar werden.
    • Glättung – Radius und Intensität ist einstellbar, ich sehe hier eher einen negativen Weichzeichnungseffekt als eine Bildverbesserung
  • Fliegende Objekte
    • Beim Stacking können die detektiert, klassifiziert und dann in separatem Menü bearbeitet werden
    • Erkannte Meteore, „seltsame“ Ausreißer, Satelliten/Flugzeuge und „Geister“ können im Summenbild separat ein-/ausgeblendet werden, mit Line/Box hervorgehoben werden und auch extrapoliert werden, um die Flugrichtung besser beurteilen zu können
    • Die Objekte können auch manuell markiert und umklassifiziert werden
    • Anzeige der Anzahl erkannter Objekte inkl. ZHR bei Meteoren
    • Radiantdetektion aufgrund der Ausrichtung aller bzw. ausgewählter Meteore mit einstellbarer Toleranz mit Kenntnis der Aufnahmezeit des Bilds in dem sie auftauchen – nicht passende werden als Ghosts aussortiert.
    • Automatische Ausrichtung auf Radiant per Mausklick
    • Verbreiterung und Helligkeitsanpassung detektierter Objekte – Meteorspuren können so (leicht „betrügerisch“ merke ich mal kritisch an) hervorgehoben werden.
    • Wenn es funktioniert: verdammt cool. Während Flieger und Satelliten beim Stacking vieler Bilder mit Sigma-Clipping & Co. problemlos verschwinden, sind sie bei Startrailbildern echt „pain in the ass“ wie es im englischen ganz unverblümt heißt. Vielleicht lässt sich in Siril & Co. dafür auch ein Script basteln aber die komplett einfache Anwendung hier ist schon prima. Nur funktioniert sie leider nicht durchgängig zuverlässig.
  • Überblendung Himmel-Vordergrund
    • Maskierte Himmelsbereiche im gestackten Bild und separat bestimmtes Vordergrundbild können einfach überblendet werden.
    • Die Maske hat einen fixen weichen Rand, man kann den Radius der Überblendung, Weichheit und Deckkraft der Überblendung einstellen und die Bilder/Bereiche auch komfortabel separat bearbeiten.
    • Leiger taugt das aber nur hin und wieder für saubere Übergänge – klare Helligkeitsunterschiede zwischen Vordergrund und Himmel verschwimmen, der hervorgearbeitete Sternenhimmel beginnt erst deutlich über dem Horizont und/oder es gibt Helliggkeitssäume in der Übergangszone.
  • Dateiexport
    • TIFF unkomprimiert und mit LZW und ZIP-Komprimierung – 8 und 16 Bit
    • JPG in 4 Kompressionsstufen
    • PNG in 8 und 16 Bit
    • Farbprofile: sRGB, AdobeRGB, Pro Photo RGB, Display (unklar, was damit gemeint ist)
    • Metadatenexport: Nur alle oder keine wählbar
    • Größenänderung: 12 fixe Stufen von 10 bis 500 % mit verschiedenen Berechnungsmethoden
  • Leistung
    • Parallelisierung geht immerhin – es werden fleißig alle CPU-Kerne in Anspruch genommen und das ist auch dringend nötig.
    • Stacking mit „detect flying objects“ von 700 RAW-Bildern der Sony A7 III (6024×4024 Pixel à 25 MB) dauerte mit einem eher schwachen (?) Notebook (12th Gen i7-1255U mit 1,70 GHz und 12 Kernen, 16 GB RAM, WD SN810 NVMe SSD, 64 bit Win) über 8 Stunden.
      Selbst mit 24 Kernen, die fleißig mit 5 GHz laufen dauert allein das Preprocessing (obwohl nichts ausgewählt war!) 16 min, die eigentliche Verarbeitung rund 1,5 Stunden
    • GPU-Unterstützung gibt es keine

Beispielbearbeitungen

Perseiden am Dachstein

Die ganze Story zur Perseidenjagd 2023 in Österreich mit Video gibt’s auf meinem Zeitraffer-Blog. In der Slideshow seht ihr die Bearbeitungsschritte in Nebulb. 1.300 RAW-Bilder mit der Sony A7s III gingen in die Bearbeitung ein – aufgenommen mit 20 mm bei f 2, ISO 3200 und 15 s Belichtungszeit.

  • Unbearbeitetes Ausgangsbild

Die Überblendung von Vordergrund zu Himmel bedarf offenbar einer doch recht genauen Maskierung und man muss ziemlich rumspielen, um gute Resultate zu erzielen. Im Beispiel sieht man einen klaren Rand/Saum oben am Dachsteingebirge und der Himmel direkt darüber ist lange frei von der Sternenbearbeitung.

Was in der Szene echt gut funktioniert, ist die Erkennung von Meteoren & Co. und deren Ausblendung per Knopfdruck. Was nicht gut funktioniert ist die automatische Klassifizierung und auch eine geringere (einstellbare?!) Empfindlichkeit wäre nicht schlecht – 488 echte Meteore gab es ganz sicher nicht in dem Ausschnitt und über 2.000 Satelliten-/Flugzeugspuren ist auch heftig. So schön es ist, die alle automatisch detektiert zu bekommen – wenn man hunderte überprüfen und manuell umlabeln muss, bevor man sie zu Radiant rotieren kann, kann man’s auch gleich manuell machen. Oder man versteht die Software richtig 😉 Die unterstützt nämlich genau dabei: Man markiert einige klare Meteore (aufgrund der Farbe, Erscheinungsform und Richtung – siehe auch Blogbeitrag zu Sternschnuppen fotografieren) und es werden sofort alle aussortiert, die nicht zu dem so definierten Radiant zeigen.
Doch noch ein Haken: Beim Rotieren werden nur die eingeblendet, die im aktuellen Hintergrund sichtbar sind, d.h. die Anzahl an Meteoren reduziert sich bei längeren Aufnahmen teils drastisch.

Nochmal Perseiden

Diesmal keine Wolken als mögliches Problem bei der Verarbeitung aber ein Element, das in den Himmel ragt. Nur Himmel ist ja aber auch langweilig, oder? 8 Stunden Preprocessing der A7r III Dateien ist ein Witz aber 70 GB temporäre Dateien müssen halt erstmal errechnet werden. Mit etlichen Einstellungen beim Überblenden passt das zunächst verschwundene Klapotez als Eyecatcher im Vordergrund auf den ersten Blick wieder – auf den zweiten Blick sind massig Sterne wo die Flügelarme sie natürlich verdecken müssten. Da hilft es auch nichts, dass der Übergang Himmel-Vordergrund hier ganz ordentlich funktioniert. Das Ausblenden von Störungen funktioniert auch wieder prima – wenn auch Dinge detektiert werden, die von der Software offenbar erst produziert werden und insgesamt wieder viel zu viel (89 Meteore und > 4.500 Satellitenspuren). Am Ende sind die Meteore teilweise über dem Vordergrund und ein mords Farbrauschen im Detail da – das sieht man auch in den Videos des Herstellers. Das hat im Vergleich zur manuellen Bearbeitung länger für ein schlechteres Ergebnis gedauert.

  • Resultat mit Nebulb mit gestacktem Himmel

Auch bei den Perseiden 2018 über dem Teide-Observatorium erkennt Nebulb sehr viele Spuren (251) als Meteore, die dann aber nicht korrekt zum Radiant ausgerichtet werden. Ich habe die manuell nicht gefunden und man will ja alles mitnehmen, was man erwischt hat. Nach automatischer Reduktion aufgrund ihrer Richtung schaut’s schon sehr ordentlich aus

  • alle automatisch gefundenen Meteorspuren

Weg mit den Starlinks bei Startrails?

Leider nicht, zudem leidet durch das teilweise entfernen der Satellitenspuren die Qualität der gewünschten Startrails und auch der Vordergrund wird nicht besser – wobei ich das mit Überblendung etc. sicherlich noch besser hätte bearbeiten können. Aufgenommen an der Südspitze von La Palma (Faro de Fuencaliente) – im Video auf YouTube gibt’s noch eine richtig fette Sternschnuppe 🙂

  • Startrails an der Südspitze von La Palma mit einem Starlink-Train

Das fand ich jetzt auch von der Startrailqualität nicht so überzeugend – auf den YT-Videos schaut das viel besser aus, also ein weiterer Versuch mit aktuellen Aufnahmen aus Mallorca. Sauber Himmel und Objekt maskiert und den Vortexeffekt ausprobiert. 8 Stunden später das eher enttäuschende Resultat:

Nix mit Vortex-Effekt (der braucht offenbar Polaris im Bild), selsamer Grünstich in der Bildmitte, störende Wolkenartefakte in Horizontnähe. Selbst mit ordentlicher Hardware (i9 13900k) dauert die Berechnung Stunden. So macht es absolut keinen Spass, die Effektoptionen einfach mal durchzuprobieren. Das Ergebnis der gleichen Sequenz in Sequator war in weniger als 2 Minuten berechnet.

Per Trial & Error: für den Vortexeffekt bei Startrails muss offenbar Polaris im Bild sein, dann klappt es auch – manchmal:

Links eine alte Aufnahme aus 2016 (Canon 700d, ISO 400, 30s, f4) mit ein paar kosmetischen Bearbeitungen in Lightroom. Einzig wo die alle auf Polaris ausgerichteten Flares herkommen sollen, bleibt kritisch anzumerken. In der Mitte das Resultat einer Tajinaste beim Observatorium auf Teneriffa mit falsch ausgerichteten Trails, etlichen nicht entfernten Flugzeug-/Satellitenspuren und vor allem grünlichen Artefakten. Rechts gründlich nachbearbeitet mit inhaltsbasierter Füllung in PS etc.

Landscape – DeepSky

In der Diaschau einige Beispiele für gestackte Aufnahmen ganz ohne Sternschnuppen und Startrails. Was mit nur geringer Aufnahmezeit ohne Flats, Darks und Bias-Aufnahmen zur Optimierung an Details rauszuholen ist und wie wenig Schleierwolken stören, ist schon beeindruckend. Auch wenn die Resultate lange nicht an „echte“ Astroprogramme herankommen – ich bekomme jedenfalls deutlich bessere Resultate als mit Sequator.

  • Obwohl etliche der 35 Ausgangsbilder so aussahen ...

Plejaden sind nichts für mich mit Nebulb

86 Aufnahmen (A7rV) á 60 s mit ISO 800 bei 135 mm und Blende 2,5 gab eine Wolkenlücke her. Nachfolgend die Bearbeitungen mit Nebulb und zum Vergleich mit Siril. Während ich beim Orion die Artefakte um den hellen Nebel wegbekommen habe, bleibt hier durch die Bearbeitung ein dunkler Bereich um die hellen „sieben Schwestern“. In Siril ist davon nichts zu erahnen – ist ja auch nicht da. Klar kann man dezenter arbeiten. Dann ist aber von den Nebeln in dem offenen Sternhaufen nichts zu sehen und man kann sich das stacken fast sparen.

  • Stacking in Nebulb und Nachbearbeitung in LR

Pros

  • gute und einfache Detektion von (vereinzelten) Satelliten und Flugzeugen zur Elemination und von Meteoren zur Hervorhebung und Ausrichtung auf den Radiant. Das beliebige Drehen aller ausgerichteter Meteorspuren und die Auswahl des zeitlich passenden Hintergrundbilds ist top.
  • etliche Spezialeffekte bei Startrails aber nicht ohne Macken
  • teils gute Resultate beim Stacking – auch mit Vordergrund – erzielbar
  • Bei ausreichendem Kontrast zwischen Himmel und Vordergrund funktioniert die Maskierung per Zauberstab recht gut

Cons

  • eher zurückhaltende Informationen zur Software wie verwendete Algorithmen, RAW-Konverter, Dateiformate oder auch nur nötige Hardware („Wer Bilder mit seinem Rechner bearbeiten kann, kann auch Nebulb nutzen“).
  • kein Handbuch, nur englische bzw. überwiegend spanische Video Tutorials, nur rudimentäre Hilfe in der Software
  • Der Stackingfunktion fehlt die Möglichkeit Flats, Darks, Biase zu verarbeiten und meiner Meinung nach ein Histogramm-Stretching für bessere Kontrolle.
  • Bildbearbeitung ohne Schärfen, Rauschreduktion finaler Bilder (das „Smoothing“ erfült den Zweck meiner Meinung nach nicht), keine Bearbeitung per Gradationskurve, keine „Klarheit“
  • Objektivkorrektur könnte besser sein (Verzerrungskorrektur fehlt, Einstellmöglichkeit bei Vignettierung)
  • Bei aktuellen KI-Maskierungsmöglichkeiten ist der Pinsel und klassische Überblendung vielleicht nicht mehr so ganz zeitgemäß
  • Algorithmen zur Reduktion von Lichtverschmutzung sind anfällig für Artefaktbildung bei Helligkeitsunterschieden (z.B. Orion-Nebel)
  • Entfernung von fliegenden Objekten funktioniert (nicht nur) bei Starlink-Trains hin und wieder nicht vollständig
  • RAWs werden offenbar einzeln als temporäre Dateien in unbekanntem Format umgewandelt. Bei der Bearbeitung von 25 GB RAWs wurden über 70 GB temporäre Dateien angelegt, die Projektdatei dazu hat fast 4 GB.
  • Reine Erzeugung von Startrails ohne Rauschreduktion, Satellitenerkennung etc. sehr langsam
  • keine GPU-Unterstützung, vermutlich langsame Algorithmen – Sequator/StarStaX und selbst Siril mit Darks/Biases/Flats ist bei gleichem Ausgangsmaterial wesentlich schneller

Fazit

Die recht einseitige Pro-Contra-Liste täuscht vielleicht doch ein wenig, eine Kaufempfehlung kann ich aber bei über 200 € für die Software dennoch nicht geben.
Es kann eine gutes und schnelles Stackingresultat geben und die weitgehende Entfernung von Satellitenspuren gerade für Startrails ist schon toll. Man kann auch tolle Startrailbilder erstellen und schnell gute Stackingresultate erhalten. Ich habe nur noch nicht rausgefunden wann und wann nicht – teilweise sind die Resultate auch bei aller Einstellerei ernüchternd.

Für DeepSky ist die Entfernung von Satellitenspuren mit dem überall verfügbaren Sigma Clipping u.ä. eh kein Thema. Dazu kommt, dass leistungsstarke Stackingprogramme wie Siril kostenlos erhältlich sind. Obendrein beherrschen sie Korrekturbilder, höhere Bittiefen, mehr Einstellmöglichkeiten usw. – da kann Nebulb im Vergleich wirklich nicht punkten.

Auch bei den Startrails gibt es z.B. beim kostenlosen StarStax einen Kometenmodus. Lücken füllen kann es auch (nicht so gut wie Nebulb), es kann zusätzlich Darks zur Rauschreduktion berücksichtigen und auch Ausgangsbilder für Zeitraffer mit sich aufbauenden Trails generieren. Coole Vortex-Trails – O.K. aber wie oft macht man das? Ist es nicht eher der „Gag“ zwischendurch?

Meteore – da punktet Nebulb definitiv mit der Erkennung von Strichspuren, der Vorselektierung in verschiedene Kategorien und der Ausrichtung auf den Radiant.

Sicher ist meine Bedienung nach der relativ kurzen Beschäftigung damit noch nicht optimal aber sooo viele Einstellmöglichen gibt es ja nun auch wieder nicht. Ich überlege die Software zur Unterstützung des Entwicklers zu behalten und ihm einige Hinweise zu geben. Ich bräuchte auf alle Fälle mehr Performance (GPU-Unterstützung?), zuverlässigere Resultate, Empfindlichkeitseinstellung bei der Detektion von fliegenden Objekten, Berücksichtigung von Korrekturbildern beim Stacken, Zeitrafferfunktionalität für Startrails und eine Batchfunktionalität für gleitendes Stacking für Zeitraffer.

Ohne Nachbearbeitung in klassischer Bildbearbeitung und Korrekturen in Photoshop & Co. kommt man für optimale Ergebnisse nicht aus – von der Eine-für-Alles-Lösung ist das Produkt weit weg. Ob es für den eigenen Workflow dennoch eine Hilfe ist, die über 200 € wert ist, kann man mit der Trial-License zum Glück gut selbst entscheiden.